Wie alles begann

Es war so...
 
Wenn man für eine Gemeinde und seine Bürger Verantwortung trägt, gehört es dazu, dass man sich Gedanken darüber macht, wie der Ort, dem man vorsteht, attraktiver, schöner, interessanter und bekannter wird. In Golzow ist das gar nicht so schwer, weil es die „Kinder von Golzow“ gibt. Seit 1961 wurde mit einer Schulklasse vom 1. Schuljahr an eine Chronik filmisch erarbeitet, die nicht nur das Heranwachsen der Kinder authentisch dokumentiert, bis sie nach acht oder zehn Jahren im Beruf stehen und selbst Kinder haben, sondern damit auch ein Stück Alltagsgeschichte der vergangenen DDR.
Wir wollten den Menschen vor und hinter der Kamera ein kleines Denkmal setzen. Dass daraus ein Museum, wie es sich heute darstellt, geworden ist, das sich wachsenden Zuspruchs erfreut,  zeugt vom historischen Wert der ersten Langzeitdokumentation des internationalen Films.
Ohne zu ahnen, welche Arbeit die Einrichtung eines solchen Museums macht, habe ich mich seinerzeit in die Öffentlichkeit gewagt. Es war bei der Berlinale-Premiere des Films „Brigitte und Marcel“ im Filmpalast „Delphi“, als ich nach der Vorführung, während des anschließenden Podiumsgesprächs, mit einem Blumenstrauß für die „Macher“ auf die Bühne ging, gratulierte und verkündete, dass wir in Golzow ein Museum für die „Kinder von Golzow“ einrichten wollen. Das war im Februar 1998.
Dieser „Diskussionsbeitrag“ überraschte zunächst, aber dann gab es viel Beifall. Der Gang in die Öffentlichkeit hat Wirkung gezeigt. Regine Hildebrandt, Sozial- und Arbeitsministerin zu dieser Zeit in Brandenburg, mit der wir anschließend zusammen saßen, hat auf ihre sehr unkonventionelle Art uns zum Vorhaben beglückwünscht und  ihre Unterstützung zugesagt. Wolfgang Klaue von der DEFA-Stiftung sicherte uns finanzielle Hilfe zu, dazu kamen Mittel der Sparkassenstiftung MOL, die Genehmigung von zwei ABM- Kräften durch das Arbeitsamt und die Unterstützung der Gemeinde. Träger des Projektes wurde der Verein „Golzower für Golzow“.
Die Raumfrage konnte Dank der Unterstützung durch die Schule, in Person von Frau Ostwald als Schulleiterin, gelöst werden. Sie stellte uns einen Klassenraum zur Verfügung. Das war zu der Zeit gar nicht so einfach, weil es noch rund 370 Schüler an unserer Schule gab. Es gab aber auch Skeptiker, die das Projekt nicht für lohnenswert hielten. Dazu gehörte u. a. das Kulturministerium das Landes Brandenburg. Aber auch Herr Junge selbst war anfangs sehr skeptisch ob des Gelingens und Erfolges des Vorhabens.
Als das Konzept stand, musste gehandelt werden. Junges stellten kofferweise Unterlagen, Dokumente und Fotos zur Verfügung. Ständig waren sie vor Ort, um uns zu beraten. Die Aufsteller mussten konzipiert und gebaut werden. Decke, Wände, Fußboden und Beleuchtung des Klassenraumes waren neu herzurichten, und viele Kleinigkeiten mussten erledigt und bedacht werden. Neben den Aufstellern waren Vitrinen zu besorgen und auszugestalten. Aus dem Potsdamer Filmmuseum und der DEFA erhielten wir die originalen Kinositze, die Filmvorführgeräte, eine Trickkamera und andere Dinge. Fernseher und Videorecorder wurden gekauft. Und das alles, ohne die knappe Kasse zu sehr zu strapazieren.
Martina Smyk und Sylke Müller ist es mit zu verdanken, dass in so kurzer Zeit mit sehr viel persönlichem Engagement und Kreativität die „Ständige Filmausstellung“ – wie sie zuerst hieß, gestaltet und eröffnet werden konnte.
Presse, Rundfunk und Fernsehen waren auf unser Vorhaben aufmerksam geworden und haben viel darüber berichtet. Am 8. September 2000 hatte die Eröffnung unter Teilnahme prominenter Persönlichkeiten aus Kunst, Kultur und Politik stattgefunden. Von Anfang an wurde die Ausstellung sehr gut durch die Öffentlichkeit angenommen. Einzelpersonen und Reisegruppen aus ganz Deutschland und manchen anderen Staaten kamen, um sich mit den „Kindern von Golzow“ und Golzow näher zu beschäftigen. Das machte uns sehr stolz.
 
Christian Dorn,  Bürgermeister von 1997 bis 2003 in Golzow